Arnheim 18.05. – Welkom in Nederland

Das Gute liegt ja bekanntlich so nah. Ob dieses Sprichwort tatsächlich stimmt, werden wir in den kommenden beiden Wochen ausgiebig überprüfen. Während wir bereits des Öfteren in Belgien unterwegs waren, haben wir von den Niederlanden bisher lediglich Amsterdam gesehen und einen Ausflug von Aachen aus nach Maastricht unternommen.

Nach 4 Stunden Fahrt inklusive Umfahrung der größten Staus – anscheinend nutzen auch andere Deutsche die Feiertage rund um Pfingsten und Fronleichnam – fuhren wir über die Landesgrenze, von wo es nur noch knapp 50 km zu unserem ersten Ziel, dem Kröller-Müller Museum, war. Das Museum liegt inmitten des Nationalparks De Hoge Veluwe mit Heide-, Wald- und Dünenlandschaften und jeder Menge Möglichkeiten, sich auf dem Rad oder zu Fuß durch die Landschaft zu bewegen. Unsere Bewegung bestand eher darin, vom Parkplatz zum Museum zu laufen, uns die Ausstellung anzuschauen und wieder zurück zum Parkplatz zu gelangen.

Die Gründerin des Museums, Helene Müller, Tochter eines deutschen Stahl-Unternehmers, wurde 1869 in Essen geboren. 1888 heiratete sie Anton Kröller, den Sohn des Leiters des Rotterdamer Büros der Firma ihres Vaters, und zog in die Niederlande nach Den Haag. Um 1900 zählte sie zu den reichsten Frauen der Niederlande. Aus Interesse begann sie Anfang des 20. Jahrhunderts gemeinsam mit ihrem Ehemann Kunst zu sammeln. Die ersten bedeutenden Ankäufe waren 1909 drei Werke Vincent van Goghs: Rosen und Pfingstrosen (1886), Der Sämann (nach Millet) (1890) und Stillleben mit Flasche und Zitrone (1888). Die Sammlung wuchs schnell und umfasste im Jahr 1935 4000 Zeichnungen, 275 Bildhauerarbeiten und mehrere hundert Gemälde. 1937 wurden die Kunstwerke dem niederländischen Staat unter der Bedingung übergeben, auf dem Gebiet der Hoge Veluwe ein eigenes Museum unter der Leitung des Archtitekten Henry van de Velde zu errichten, dessen Spuren wir bereits auf unserer Tour nach Chemnitz gefolgt waren. 1938 wurde das Kröller-Müller Museum eröffnet. Einen Erweiterungsbau aus den Jahren 1972–1977 entwarf der niederländische Architekt Wim G. Quist. 
Mit nahezu 90 Gemälden und rund 180 Zeichnungen besitzt das Museum die zweitgrößte Van-Gogh-Sammlung der Welt. Darüber hinaus gehören Werke moderner Maler wie Claude Monet, Georges Seurat, Pablo Picasso und Piet Mondriaan zur Sammlung.

Nach dem langen Vorspann wird es jetzt aber Zeit für einen Rundgang durch die Ausstellung.

Kunst vor dem Ausstellungsgebäude nach Plänen von Henry van de Velde und noch viel mehr darin

Nun aber der Blick in die Van-Gogh-Galerie:

Das waren noch lange nicht alle Gemälde von Vincent van Gogh – zudem sind nicht alle vorhandenen Werke ausgestellt – aber wir denken, die Auswahl gibt einen guten Überblick über das Schaffen van Goghs. Interessante Randnotiz: An einer Ausstellungswand wurde gezeigt, wann und vor allem für welchen Preis Helene Müller die van Gogh-Kunstwerke erwarb. So kaufte sie 1920 insgesamt 38 Gemälde zu einem Preis von 112.705 Francs, was einem heutigen Wert von 679.499 € entspricht. Insgesamt trotzdem sicher eine gute Geldanlage.

Auch niederländischen Künstlern wurden Ausstellungsräume gewidmet. Auf unserer weiteren Fahrt durch das Land werden uns die Künstler sicher immer wieder mal begegnen:

Neben den zweidimensionalen Kunstwerken ist das Museum von einem der größten Skulpturenparks Europas umgeben – ein Ausstellungsraum auf 25 Hektar im Freien. Verteilt über den Garten sind über 160 Skulpturen aufgestellt und nicht nur diese beindruckten uns beim Rundgang, auch die Mitte Mai prachtvoll und in voller Blüte stehenden Rhododendronhecken waren einen Besuch wert.

Marta Pan – Sculpture flottante (1960 – 1961)
Aristide Maillol – l’Air (1939/1962) – sieht nur federleicht aus

Jean Dubuffet – Jardin d’émail (1974)

1955 entwarf Gerrit Rietveld einen Pavillon zur Ausstellung kleiner Skulpturen auf der Dritten Internationalen Skulpturenausstellung im Sonsbeek Park in Arnheim, der als temporäres Bauwerk gedacht war und nach dem Ende der Ausstellung wieder abgebaut wurde. Viele Menschen waren jedoch von seiner Schlichtheit sehr beeindruckt, und zehn Jahre später fand das Gebäude auf Initiative mehrerer niederländischer Architekten unter einem neuen Namen einen dauerhaften Platz im Skulpturengarten des Kröller-Müller-Museums: „Rietveld-Pavillon“.

Rietveld-Pavillon (1954 – 1955)
umgeben von Werken der britischen Bildhauerin Barbara Hepworth

Nach dem Museumsbesuch fuhren wir zu unserem Hotel im nahegelegenen Arnheim und genossen nach dem Einchecken das Abendessen an einem bereits reservierten Tisch im Restaurant SalaThai. Bis auf die sich schwierig gestaltete Parkplatzsuche funktionierte alles reibungslos.

Der Weg zum Restaurant führte entlang des Ufers des Niederrheins, an dessen gegenüberliegenden Ufer die Bässe des Musikfestival ASM die Luft zum Vibrieren brachten.

Paaaarrrrrty” auf dem ASM-Festival in Arnheim

78 Jahre zuvor waren es die Geschosse von Alliierten und Deutschen, die im Kampf um Arnheim und vor allem um die Brücke von Arnheim die Stadt zerstörten: Die wieder aufgebaute und im Jahr 1950 eröffnete Brücke wurde 1978 nach dem britischen Generalmajor John Frost (1912–1993) benannt, zur Zeit des Zweiten Weltkriegs Oberstleutnant in der britischen 1st Airborne Division. Den Briten gelang es im Rahmen der Operation Market Garden im September 1944, das Nordende der Brücke zu besetzen, das sie allerdings nach verlustreichen Kämpfen am 21. September wieder aufgeben mussten. Das geplante schnelle Ende des Kriegs zögerte sich daraufhin bis in den Mai 1945 hinaus.

So ruhig und friedlich ging es hier nicht immer zu

Um mehr über die Hintergründe der Schlacht um die Brücke zu erfahren, steht für morgen die Besichtigung des Airborne-Museums in Hartenstein rund fünf Kilometer westlich von Arnheim auf dem Programm.

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